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Zur Privatrechtsverwaltung:
Beispiel der gängigen Judikatur
Aus OGH 1 Ob 211/20s S 10 und 11
Der Gesetzgeber eröffnete anlässlich des Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetzes
2013 (KindNamRÄG 2013; BGBl I 2013/15) dem Kind und den Eltern (präziser: der Person, in
deren Obsorge eingegriffen wurde) mit Einführung der Bestimmung des § 107a AußStrG die
Möglichkeit, einen Ausspruch des Pflegschaftsgerichts darüber zu erwirken, ob die vom KJHT
gesetzte Maßnahme unzulässig oder vorläufig zulässig ist (Abs 1 leg cit) bzw unzulässig war (Abs
2 leg cit). In den Gesetzesmaterialien wird ausdrücklich ausgeführt, dass der
Jugendwohlfahrtsträger durch sein faktisches Handeln im Zuge einer Maßnahme der Pflege und
Erziehung bei Gefahr in Verzug „im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung“ agiert (ErläutRV
2004 BlgNR 24. GP 9, s auch 5). Mit Einführung der Möglichkeit eines Ausspruchs des
Pflegschaftsgerichts über die Unzulässigkeit der vorläufigen Maßnahme, der deren sofortige
Beendigung durch den KJHT zu folgen hat (ErläutRV aaO 40; s auch die in § 107a Abs 1
AußStrG gebrauchte Formulierung „Erklärt das Gericht die Maßnahme für unzulässig, so kommt
dieser Entscheidung vorläufige Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit zu“), wäre bei Einordnung
als hoheitliche Maßnahme (einer Verwaltungsbehörde) gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung
(nach Art 94 B-VG idF StGB 1945/4, s nun Art 94 Abs 1 B-VG) verstoßen worden (Art 94 Abs 2
B-VG idF BGBl I 2013/114, der eine Ausnahme davon, aber nur für „einzelne Angelegenheiten“,
zulässt, trat erst später in Kraft). Es wäre einem Gericht eingeräumt worden, im ordentlichen
Rechtsweg über die Rechtmäßigkeit der von einem Organ ausgeübten unmittelbaren Befehls- und
Zwangsgewalt (also einem Verwaltungshandeln in Vollziehung der Gesetze) entscheiden zu
können.
[16] Der erkennende Senat als Fachsenat in Amtshaftungsfragen schließt sich auch angesichts der
klaren Aussagen in der jüngeren Gesetzgebung daher – in Abkehr
von der bisherigen Rechtsprechung in dieser Frage – der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des
öffentlichen Rechts und der überwiegenden Lehre an (Cohen/Tschugguel in Kletečka/Schauer,
ABGB-ON1.05 § 211 Rz 6; Kathrein in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 215 ABGB Rz 15;
Weitzenböck in Schwimann/Kodek5, § 211 ABGB Rz 3, je mwN, ua), dass der Kinder- und
Jugendhilfeträger, wenn er eine vorläufige Maßnahme nach § 211 ABGB setzt, nicht hoheitlich
sondern privatrechtlich tätig wird.
Wegen dieser Privatrechtsverwaltung gelten auch die Verwaltungsverfahrensgesetze nicht, zB
Keine Akteneinsicht
Keine Bescheide, und keine Rechtsmittel gegen Maßnahmen an die Verwaltungsgerichte
Keine Amtshaftung
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